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Pole Dance und Olympia

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Pole Dance und Olympia

von Rebecca Schnell
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Nadine Rebel

Inhaberin des Sportstudios "CrazySports Augsburg"

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Feuer und Flamme

macht 1999 ihren Uni-Abschluss in Augsburg: Soziologie, Psychologie und Pädagogik. Gemeinsam mit ihrem Mann gründet sie danach das Unternehmen Rebel Management Training. Sie gibt Seminare und Coachings und arbeitet abends als Fitness-Trainerin in Fitnessstudios. Trotzdem ist Nadine auf der Suche. Wonach weiß sie selbst nicht so genau.
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Der Gedanke an Pole Dance lässt Nadine nicht mehr los. Sie weiß überhaupt nichts über die Sportart, aber sie ist neugierig. Und so nimmt sie an den wenigen Workshops teil, die es damals gibt: Zwei Mal im Jahr mit externen Trainerinnen, die aus aller Welt extra dafür eingekauft werden. Der Bedarf an kompetenten Trainerinnen ist riesig. Fitnesstrainerin Nadine fängt Feuer und lässt sich auch von kritischen Kommentaren nicht entmutigen.

"In dem Alter fängt man doch nicht mehr an?!"

Im Gegenteil: Mit 36 beginnt sie ihre Reise in die Welt des Pole Dance und lässt sich selbst zur Trainerin ausbilden. Ein Jahr später unterrichtet sie bereits in zwei Studios – erst einmal nur zur Untermiete. Zwei Jahre später, 2014, erfüllt sie sich dann ihren Traum und eröffnet neben Rebel Management Training auch noch ihr eigenes Sportstudio: CrazySports Augsburg. Mit einem großen Ziel.
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Der Kampf um Anerkennung

Während Nadine nur so vor Begeisterung sprüht, bekommt sie schnell Gegenwind. Ständig wird sie samt der Sportart in die Rotlicht-Ecke gedrängt – mit weitreichenden Folgen:

An ihrer Auftragslage bei Rebel Management Training wird deutlich: Nadine wird diskriminiert. Ihre Lehre an den Universitäten Passau und München wird nicht verlängert und Bewerbungen auf Jobs, für die sie bestens qualifiziert ist, bleiben teilweise sogar gänzlich unbeantwortet. Zwar wird Pole Dance selten als offizieller Grund für Absagen genannt, doch oftmals wird Nadine durch die Blume klargemacht: Genau darum geht es.
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Nadine über das Rotlicht-Image

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Der Traum von Olympia

Nadine merkt: Es geht nicht nur darum, Pole Dance als Sportart zu etablieren, sondern auch darum, den Tänzerinnen Respekt und Anerkennung zu verschaffen. Nadine nimmt den Kampf auf.

Zur gleichen Zeit entsteht die ODPS (Organisation des Deutschen Pole Sports e. V.). Unter dem internationalen Dachverband IPSF (International Pole Sports Federation) organisiert die ODPS in Deutschland erstmals Wettkämpfe nach international einheitlichen Regeln. Eine Grundlage für ein noch größeres Ziel: Pole Dance bei den Olympischen Spielen.
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Ein erster Erfolg?

Aber was muss ein Sport überhaupt erfüllen, um olympisch zu werden? Die Anforderungen des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) an neue Sportarten sind anspruchsvoll und umfangreich – sie reichen von Anti-Doping Regelungen über eine weltweite Verbreitung des Sports.
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Bevor Pole Dance olympisch werden kann, muss die IPSF als internationaler Dachverband vom IOC anerkannt werden. 2016 stellt die sie den Antrag auf IOC-Mitgliedschaft. Ein Jahr später dann der erste kleine Durchbruch: Zwar wird die IPSF noch nicht aufgenommen, aber vom IOC offiziell wahrgenommen. Ab da stehen die Entwicklungen des Verbands unter Beobachtung. Ein wichtiges Signal nach außen. Pole Dance wird damit erstmals als Sportart anerkannt. Eigentlich ein Grund zur Freude.
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Aus der Traum?

Und auch der weitere Weg Richtung Olympia läuft nicht so glatt wie erhofft. Der IPSF bleibt zwar weiterhin im Blick des IOCs, aber spürbare Fortschritte bleiben aus. Alles zieht sich in die Länge und viele verlieren die Geduld. Zeit das Handtuch zu werfen?
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Die IPSF ist nach wie vor kein anerkannter Sportverband. Ein zentraler Knackpunkt, der die Aufnahme bisher verhindert: Unter dem Dach der IPSF sind nur 24 nationale Verbände registriert – zu wenig für das IOC.

Dazu kommen weitere Gründe, die Pole Dance den Weg versperren. Der Bewerbungsprozess ist kompliziert und die Auswahlkriterien sind nicht transparent.

Dass es aber auch anders geht, zeigt das Beispiel Breakdance. Wie es Breakdance geschafft hat, olympisch zu werden und was das mit dem Pole Sport zu tun hat:
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Der Fokus auf das Wesentliche

So sehr Nadine auch hofft, die Realität holt sie ein. Alle Bemühungen wirken aussichtslos und Enttäuschung macht sich breit. Nadine zieht ihre eigenen Schlüsse.
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Statt von Olympia zu träumen, zieht Nadine lieber ihr eigenes Ding durch – in ihrem Studio in Augsburg. Ihre Energie steckt sie in das, was ihr wirklich wichtig ist. Der große Kampf um Anerkennung? Für sie inzwischen nicht mehr entscheidend. Trotzdem gibt sie nicht auf. Mittlerweile mit neuem Fokus.
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Nadine möchte ihre Leidenschaft für Pole Dance weitergeben - und das nicht nur im täglichen Training. Was sie bewegt, bewegt auch andere. Ihr Einfluss reicht längst über ihr Studio hinaus.
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Es lebe der Sport

Nadine bleibt fest entschlossen, ihren eigenen Weg zu gehen – ganz egal, was um sie herum passiert. Dabei ist sie längst ein Vorbild für viele ihrer Kursteilnehmerinnen geworden. Mit ihrer Leidenschaft motiviert sie andere, über sich hinaus zu wachsen und Ängste zu überwinden.
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Eine Oase für alle

Kursteilnehmerinnen erzählen, wie Pole Dance bei CrazySports Augsburg mit Nadine ihr Leben verändert haben.

Conny (36)

macht seit 8 Jahren Pole Dance

Bettina (62)

macht seit 9 Jahren Pole Dance

Saskia (49)

macht seit 7 Jahren Pole Dance

Tabitha (22)

macht seit 2 Jahren Pole Dance

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Pole Sport Verbände

Die IPSF will dem Pole Sport das geben, was lange fehlt: klare Strukturen und einheitliche Bewertungskriterien. Dahinter steckt ein größeres Ziel: Pole Dance soll olympisch werden.

Der entscheidende Impuls kommt 2006. Katie Coates will es genau wissen und befragt die Pole Community, wie sie zu Olympia steht. Über 10.000 Athlet:innen sprechen sich für eine olympische Teilnahme aus. Ein klares Zeichen. Zusammen mit Tim Trautmann gründet Katie Coates 2009 die IPSF. 2012 richtet der internationale Dachverband seine erste Weltmeisterschaft aus - mit 43 Teilnehmenden aus 14 Ländern.
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Die ODPS gründet sich 2015 unter ihrem ersten Präsidenten Frank Hermes (Bild).
Ihr Ziel ist es, die IPSF auf ihrem Weg zur olympischen Anerkennung zu unterstützen. Dafür organisiert die ODPS jedes Jahr die offizielle Deutsche Polemeisterschaft nach internationalen IPSF-Regeln, bei der sich deutsche Athlet:innen für die IPSF-Weltmeisterschaft qualifizieren können.
Der Verein hat mittlerweile knapp 400 Mitglieder.




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Voraussetzungen für Olympia

Anerkennung durch das IOC

Welche Sportarten bei den Olympischen Spielen dabei sind, entscheidet das International Olympische Komitee (IOC). Welcher Sport an den jeweiligen Spielen teilnimmt, wird meist schon sieben Jahre vor den Spielen festgelegt.

Die Olympische Charta

Damit ein internationaler Sportverband (IF) olympisch anerkannt wird, muss er sich an die Regeln der Olympischen Charta halten. Das heißt zum Beispiel: Der Verband braucht einen klaren Anti-Doping-Code und Regeln gegen Wettkampfmanipulation. Zudem muss er weltweit betrieben werden und ethische Standards einhalten.

Weltverbände

Aufgenommen werden nur Sportarten, die von anerkannten internationalen Sportverbänden (IF) vertreten werden.

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"Schmuddel"-Image

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Für Nadine gehört die Sinnlichkeit zum Pole Sport

Natürlich weiß Nadine, dass Pole Dance kein gewöhnlicher Sport ist – es ist auch eine Ausdrucksform. Viele assoziieren Pole Dance direkt mit Stripclub. Ein Problem?

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Pole Dance im Film

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Beschreibung

Showgirls (1995)

Nomi will in Las Vegas als Tänzerin groß rauskommen. Statt auf der großen Bühne landet sie allerdings erst im Stripclub und tanzt dort an der Pole – ganz auf männliche Begierde ausgerichtet. Obwohl sie sich als ernst zu nehmende Tänzerin sieht, kämpft sie um künstlerische Anerkennung, wird ausgebeutet und auf ihren Körper reduziert.

Striptease (1996)

Erin hat das Sorgerecht für ihre Tochter verloren und braucht dringend Geld. Sie nimmt daher einen Job im Stripclub an. Pole Dance gehört zur erotischen Bühnenshow und wird im Film für den männlichen Blick inszeniert. Fantasien werden bedient und Erins Körper zum Objekt gemacht – der sportliche Aspekt spielt keine Rolle.

Pain & Gain (2013)

Drei Bodybuilder betreten einen Stripclub. Was wie der Anfang eines schlechten Witzes klingt, ist lediglich eine beiläufige Szene des Films über Entführung und Erpressung. Auf der Bühne rekeln sich die Frauen an Stangen – lasziv und knapp bekleidet. So zeigt Hollywood Pole Dance im Stripclub – immer und immer wieder.

Hustlers (2019)

Eine Gruppe Stripperinnen nimmt nach der Finanzkrise reiche Männer aus. Zwar wird Pole Dance in einigen Szenen athletisch und kraftvoll dargestellt, der Fokus bleibt aber klar auf dem erotischen Striptease. Trotz beeindruckender Moves wird Pole Dance nicht als Sport behandelt, sondern nur als Mittel zum Zweck.

Anora (2024)

Die Stripperin Ani verliebt sich in ihren Kunden Ivan, den Sohn eines russischen Oligarchen. Ani tanzt im Club auch kurz an einer Pole - eine Szene, die es fast nicht in den Film geschafft hätte, da der Drehort keine Stange besaß. Doch weil Schauspielerin Mikey Madison intensiv dafür trainiert hatte, wurde eine kurze Pole Performance in den Film geschnitten.

Das Klischee lebt (weiter)

Diese fünf Filme sind beispielhaft für die Darstellung von Pole Dance in der Filmindustrie: Mal beiläufig, mal im Zentrum der Handlung, aber immer mit dem gleichen Ziel: Frauen sollen sexy sein - an einer Stange im Stripclub für Männer. Von Pole Dance als ernst zu nehmendem Sport fehlt jede Spur. Der Fokus liegt klar auf Erotik – damals wie heute.

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Vom Zirkus in den Stripclub

Woher kommt Pole Dance eigentlich? Die einen zeigen auf Zirkuszelte und Stripclubs, während andere wiederum Ursprünge in Indien und China sehen. Klar ist: Die Geschichte von Pole Dance lässt sich nicht einfach chronologisch aufrollen. Auf der Suche nach seiner Herkunft stößt man auf verschiedene Strömungen, Kulturen und Menschen. Zwischen dem 12. Jahrhundert und der modernen Szene verlaufen sich die Spuren.
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Mallakhamb (Indien)

Mallakhamb ist eine traditionelle Sportart aus Indien, bei der akrobatische und gymnastische Übungen an einem Holzpfahl geturnt werden. Ursprünglich war das Training für männliche Ringer und Kämpfer gedacht, denn „Malla“ heißt Ringer und „Khamb“ bedeutet so viel wie Säule.

Chinese Pole (China)

Beim Chinese Pole – ebenfalls hauptsächlich von Männern ausgeführt – zeigen Artisten akrobatische Manöver an hohen gummierten Stangen. Oft stehen dafür mehrere Stangen nebeneinander, damit man sich auch von einer Pole zur nächsten schwingen kann.

Maibaumtanz (Europa)

In Ländern wie Deutschland, England oder Schweden tanzten Frauen mit Bändern in der Hand um einen bunt geschmückten Pfahl. Durch verschiedene Figuren wurden die Bänder miteinander verflochten und wieder getrennt. Und das gibt es auch heute noch. Am 1. Mai tanzen Männer und Frauen in einigen Regionen traditionell um den Maibaum.

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„Hoochie Coochi“

In dieser Zeit verbreitete sich der sogenannte Hoochi-Coochi-Tanz - eine Art Bauchtanz, der auf Jahrmärkten, Shows oder Weltausstellungen gezeigt wurde. Meist traten Frauen aus dem Nahen Osten oder Nordafrika auf, die sich sinnlich um Säulen oder Zeltstangen bewegten. Diese Auftritte wurden zunehmend sexualisiert und prägten die spätere Burlesque- und Striptease-Ästhetik.

Wanderzirkus

In den 1920er-Jahren zogen Zirkusse mit sogenannten „Girl Shows“ durch die Länder. Frauen tanzten dabei an den Zeltstangen in Zirkuszelten. Zunächst eher improvisiert und später als Hauptattraktion mit der Stange als zentrales Element. Gleichzeitig blühte der Burlesque auf – eine Verbindung von sinnlicher, verspielter Darbietung und Striptease.

Von der Bühne in die Clubs

In den USA und in Kanada öffneten die ersten Stripclubs. Die Szene boomte schnell und was als verhüllter Burlesque begann, wurde mit der Zeit immer freizügiger. Ob auf der Bühne, dem Boden oder an einer Stange - die Tänzerinnen entwickelten ihren eigenen Stil. Zudem gewinnt der Lapdance an Popularität. Stripperinnen entwickeln neue Moves und testen Grenzen.

Vom Stripclub zur Fitness-Revolution

Stripperinnen bringen sich gegenseitig Tricks bei, veröffentlichen erste Pole Tutorials und eröffnen eigene Studios. Namen wie Fawnia Mondey und Sheila Kelley machen die Runde – Pionierinnen, die Pole Dance als Fitnessprogramm anbieten. Immer mehr Frauen entdecken den Sport für sich – ganz ohne Strip-Erfahrung. In den 2000ern folgen die ersten Wettkämpfe mit Fokus auf Athletik. Intime Gesten sind dort sogar explizit verboten. Fortan existiert Pole Dance sowohl im Stripclub als auch in privaten Sportstudios.

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Breakdance bei Olympia 2024

Die Agenda 2020 wurde vom IOC ins Leben gerufen, um die Spiele spannend und beliebt zu halten, ohne dabei die Kosten, den Aufwand oder die Zahl der Athlet:innen hochzuschrauben.

Neu ist: Städte, die Spiele ausrichten, dürfen selbst Sportarten vorschlagen - vorausgesetzt, sie gehören zu einem vom IOC anerkannten Weltverband. Erstmals umgesetzt wurde das 2020 in Tokio mit den Disziplinen Surfen, Karate, Sportklettern, Skateboarding und Baseball/Softball.

Paris machte 2024 auf diese Weise den olympischen Weg für Breakdance frei.
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Nadine über den Erfolg von Breakdance

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Pole Dance in die Welt tragen

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